Hitzestress: 3 Wege zur Anpassung der Geflügelfütterung an die klimatischen Veränderungen
Im Sommer und speziell in Zeiten des Klimawandels kommen wir
Menschen oft ins Schwitzen. Aber wie kommen unsere Nutztiere damit
zurecht?
Die globale Geflügelproduktion ist ebenfalls mit höheren Umgebungstemperaturen konfrontiert und über längere Zeiträume belastende Klimabedingungen ausgesetzt. Gleichzeitig wird eine effiziente Geflügelproduktion benötigt, um den weltweiten Bedarf an Geflügelprodukten mit geringstmöglichen Auswirkungen auf Klima und Umwelt zu decken.
Neben der Optimierung von Haltungs- und Lüftungsbedingungen können Anpassungen in der Fütterungsstrategie helfen, die Produktivität auch über Phasen mit hoher Temperatur und Luftfeuchte hinweg zu erhalten. Das Fütterungsmanagement, die Futterzusammensetzung und der Einsatz von Futterzusätzen sind die drei wichtigsten Wege zur Anpassung der Geflügelfütterung an die klimatischen Veränderungen:
1. So füttern Sie richtig
- Fütterungszeiten nach dem täglichen Temperaturmaximum, um die metabolische Wärmeproduktion während der heißesten Stunden des Tages zu reduzieren
- Schonende Übergänge bei der Futterzusammensetzung in Zeiten mit chronischem Hitzestress (längere Zeiträume mit hoher Temperatur)
- Einsatz von Ergänzungsfuttermitteln über das Trinkwasser bei akutem Hitzestress (schneller Temperaturanstieg) und Vermeidung von Futterwechseln
2. Nährstoffbedarf und Futterzusammensetzung
Die Körperwärme ist ein Nebenprodukt der Verdauung und des Stoffwechsels. Daher ist ein gewisser Temperaturunterschied zwischen Tier und Umwelt erforderlich, um diesen Wärmeüberschuss abzugeben. Ist dies nicht möglich, wird die Futteraufnahme reduziert. Ein reduzierter Rohproteingehalt ist eine wirksame Maßnahme zur Verringerung der metabolischen Wärmeproduktion. Das Verhältnis von Energie zu essenziellen Aminosäuren sollte jedoch nicht geändert werden, um Einschränkungen bei der Proteinsynthese zu vermeiden.
Verdauliches Fett ist die Energiequelle mit dem geringsten Prozentsatz an metabolischer Wärmeproduktion. Während Stressphasen wird jedoch Glukose als vorherrschende Energiequelle für den Erhaltungsbedarf benötigt. Daher ist die Auswahl der richtigen Kombination hochverdaulicher Energiequellen von entscheidender Bedeutung. Die Tiere sind nicht in der Lage, Ungleichgewichte in der Nährstoffversorgung auszugleichen. Dies führt häufig zu einem höheren Anteil Bauchfett und damit zu verminderten Schlachtkörperqualitäten.
Physiologische Reaktionen auf den Hitzestress
- Die Steigerung der Wärmeabgabe durch Hecheln führt über die vermehrte Abgabe von CO2 zu einer respiratorischen Alkalose. Dies führt zu Störungen im Elektrolythaushalt mit Auswirkungen auf die Osmoregulation im Darm und der Wasseraufnahme.
- Auf zellulärer Ebene lässt sich eine gestörte Protein- sowie DNA/RNA-Synthese beobachten. Die Tiere müssen den oxidativen Stress managen und durch Proteinfehlfaltungen entsteht ein höherer Bedarf and Hitzeschockproteinen.
- Die verstärkte Durchblutung der Körperoberfläche reduziert den Blutfluss sowie die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Magen-Darm-Trakts. Dies erhöht den oxidativen Stress und hat einen negativen Effekt auf die Verbindungen zwischen den Darmzellen, den sogenannten „tight junctions“.
- Eine reduzierte Futteraufnahme und sich dadurch verändernde Bedingungen haben einen negativen Einfluss auf die Darm-Mikrobiota. Dies stört ebenfalls die Barrierefunktion des Darms und begünstigt die Entwicklung des sogenannten „leaky gut syndroms“.
In Regionen, wo über mehrere Wochen oder Monate mit Hitzestress zu rechnen ist, ist der strategische Einsatz von Futtermittelzusatzstoffen eine wichtige Maßnahme. Folgende drei Zusatzstoff-Gruppen sind in der Lage, die physiologischen Reaktionen auf den Hitzestress und deren Folgen zu begrenzen:
3. Helfen Sie Ihren Tieren mit Futterzusatzstoffen
Betain-Anhydrat als Multitalent
Die Aufrechterhaltung der Osmoregulation ist entscheidend für die Funktion der Darmzellen. Betain-Anhydrat wird leicht resorbiert und ist ein organisches Molekül mit starken osmotischen Eigenschaften:
- Es Unterstützt die Darmzellen und reduziert deren Aufwand für die Osmoregulation über Kalium-Natrium-Ionenpumpen. Wasserretention und Elektrolytversorgung werden verbessert. Ein übermäßiger Durst und eine unverhältnismäßige Wasseraufnahme mit negativen Folgen für die Einstreuqualität können vermieden werden.
- Auf Stoffwechselebene erhöht Betain die Versorgung mit Methylgruppen, die hilfreich sind, um hitzebedingten Stress (Adrenalinproduktion) sowie eine beeinträchtigte Protein- und DNA/RNA-Synthese auszugleichen. Durch Hitzestress unterdrückte Immunfunktionen werden mit den vom Betain stammenden zusätzlichen Methylgruppen ebenfalls unterstützt.
Insgesamt liefert Betain-Anhydrat zusätzliche Energie (Einsparung von Ionenpumpen) und Aminosäuren (Re-Methylierung von Methionin). Im Stoffwechsel endet es als Vorstufe von Glycin und die Methylgruppen können verwendet werden, um andere temporär limitierende Aminosäuren zu metabolisieren. So spielen Hitzeschockproteine (z. B. HSP 70) eine wichtige Rolle beim Schutz und der Reparatur von Proteinstrukturen und -gewebe. Die Bildung von HSP 70 kann durch L-Glutamin unterstützt werden, und verschiedene Studien zeigten eine stark positive Korrelation zwischen dem antioxidativem Status und dem Spiegel von HSP 70 während Hitzestress.
Organische Spurenelemente gegen oxidativen Stress
Eine verringerte Futteraufnahme und Veränderungen in der Osmolarität des Darminhaltes gefährden eine optimale Versorgung mit Spurenelementen. Die Absorption ist reduziert und die Zufuhr hochwertiger organischer Spurenelemente hilft, diese eingeschränkte Bioverfügbarkeit zu überwinden. Spurenelemente sind unter anderem für Bildung antioxidativer Enzyme wie Superoxid-Dismutase von entscheidender Bedeutung.
Oxidativer Stress beschreibt eine Anreicherung von Superoxid und Wasserstoffperoxid (ROS = reaktive Sauerstoffspezies) während der ATP-Bereitstellung durch die oxidative Phosphorylierung in den Mitochondrien. Nach einem starken Anstieg zu Beginn einer Hitzestressperiode führt der oxidative Stress zu einer mitochondrialen Dysfunktion. Basierend auf der Verfügbarkeit verschiedener Antioxidantien wie Vitamin C und E, Glutathion und Superoxid-Dismutase stellt sich zwischen Bildung und Eliminierung von ROS ein neues Gleichgewicht ein, wenn der Hitzestress anhält. Die Erhöhung der Antioxidantien ist eine wichtige Maßnahme zur Aufrechterhaltung der zellulären Energieversorgung durch die Mitochondrien, die für die Zellfunktion entscheidend ist. Neben der Superoxid-Dismutase ist Glutathion als zweites wichtiges endogenes Antioxidans von großer Bedeutung. Es besteht aus den drei Aminosäuren Cystein, Glutaminsäure und Glycin.
Setzt man Glycinate als organisch gebundenen Spurenelementquelle ein, unterstützt das enthaltene Glycin die Glutathionbildung und hilft damit, Zell- und Gewebeschäden zu vermeiden. Auf Darmebene leistet diese Reduzierung des oxidativen Stresses einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung des Leaky-Gut-Syndroms.
Pro- und Präbiotika zur Unterstützung der Darmgesundheit
Die Barrierefunktion des Darms ist entscheidend, um die Tiere und insbesondere die Leber vor vielen schädlichen Substanzen und Bakterien zu schützen, die in die Pfortader gelangen können. Die Verbindungen zwischen den Darmzellen ist der Schwachpunkt dieser Barriere, und der Schutz dieser aus Proteinen bestehenden Verbindung ist sehr wichtig.
Neben der Unterstützung der Tiere bei der Vermeidung dieses Leaky-Gut-Syndroms ist die Aufrechterhaltung einer gesunden Darm-Mikrobiota sehr wichtig. Sie wird durch Hitzestress verursachte Änderungen von Menge und Zeitpunkt der Futteraufnahme gestört. Pro- und Präbiotika sind die am häufigsten verwendeten Futtermittelzusatzstoffe zur Stabilisierung und Unterstützung einer nützlichen Mikrobiota. Sie reduzieren die Auswirkungen schädlicher Bakterien und das Risiko toxischer Metaboliten wie LPS (Lipopolysaccharide) wird minimiert. Darüber hinaus unterstützen Pro- und Präbiotika die Verdaulichkeit des Futters und die Nährstoffaufnahme. Dies ist wichtig für die Widerstandsfähigkeit der Tiere gegen Hitzestress und hilft, Leistungseinbußen zu minimieren.
Fazit
Hitzestress ist ein zunehmendes Problem für eine effiziente Geflügelproduktion. Tiere verlieren ihre Fähigkeit, suboptimales Management oder Fütterungsfehler zu kompensieren. Wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, um die Widerstandsfähigkeit gegenüber Hitzestresses zu unterstützen und die Leistungseinbußen möglichst gering zu halten. Die richtige Auswahl von Futtermittelzusatzstoffen spielt eine wichtige Rolle, wenn über mehrere Wochen mit Hitzestress zu rechnen ist. Bei akuter Hitzeeinwirkung sollten sie mit kurzfristig einsetzbaren Ergänzungsfuttermitteln kombiniert werden, die im Bestand über das Trinkwasser angewendet werden.